Bildungsbereiche
„Das Berliner Bildungsprogramm wird zukünftig in der Praxis nur dann die gewünschte Wirkung haben, wenn es nicht als starre Vorgabe abgearbeitet, sondern als „rollende Reform“ begriffen wird.“ [1]
Die Bildungsbereiche sollen in alltägliche Kita-Tagesabläufe integriert werden und möglichst sich überschneiden. Nur in ihrer Verbindung und Durchdringung zeigt sich die Qualität der Pädagogischen Arbeit.
Körper, Bewegung und Gesundheit
Die kindliche Aneignung der Welt ist auf Körpererfahrung angewiesen. Die motorische Entwicklung ist wesentliche Voraussetzung für intellektuelle, soziale und sprachliche Entwicklung. Emotionen äußern sich Körperlich zum Beispiel Kinder zappeln vor Freude, werfen sich vor Wut hin, rennen vor Angst weg. Bewegung ist die Verbindung von Körper, Seele und Geist.
„Gesundheitserziehung im Elementarbereich geht weit über das Training des Zähneputzens und des Händewaschens in der Kita hinaus. Sie umfasst vielfältige Bewegungsanregungen, Psychomotorik, gesunde Ernährung, Aspekte von Ruhen und Ausagieren ebenso wie die Sorge und den Einsatz für eine gesunde Umwelt.“ [2]
Ziele: die eigene körperliche und motorische Grenze einschätzen können; körperliche Geschicklichkeit und Koordinationsvermögen entwickeln und Interesse an sportlicher Aktivitäten verspüren; Grundverständnis über Körperfunktion sowie gesunde Ernährung entwickeln; die Signale des eigenen Körper wie Wohlbefinden und Müdigkeit wahrzunehmen und lernen etwas dafür- oder dagegen steuern; Grundverständnis über das eigene Sexualität entwickeln.
Soziales und Kulturelles Leben
Soziales Leben verbindet die Entwicklung der eigenen Persönlichkeit und die Entwicklung sozialer Beziehungen miteinander. Das Wissen um die eigene Persönlichkeit ist Grundlage und Folge von sozialen Beziehungen. Kinder brauchen die Anerkennung ihrer Person und müssen auch lernen Spielpartner und Erwachsene anzuerkennen.
Im sozialen Zusammensein mit anderen Kindern erkennt das einzelne Kind Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen sich selbst und den anderen. Dies ist Voraussetzung für das Erlernen von Demokratie und vorurteilbewussten Umgang mit anderen. Die Aufgabe des Erziehers ist es Kinder zu unterstützen ihre eigenen Wünsche, Interessen, Bedürfnisse und Gefühlen Ausdruck zu verleihen und sie für Wünsche Interessen, Bedürfnisse, Gefühle anderer zu sensibilisieren.
Ziele: eigene Bedürfnisse, Interesse und Gefühle bewusst wahrzunehmen und deutlich ausdrücken zu können sowie die Bedürfnisse, Interesse und Gefühle anderer wahrnehmen, akzeptieren und achtungsvoll damit umgehen; Vertrauen in sich selbst und eigene Kräfte entwickeln; sich über unterschiedliche Erwartungen verständigen, Konflikte aushandeln und Kompromisse schließen; Normen und Regeln verstehen, analysieren und anhalten; Kritik äußern und lernen mit Kritik umgehen; die Unterschiede und Verschiedenheit in den Interessen zwischen Kinder unter sich und zwischen Kindern und Erwachsenen wahrzunehmen, anerkennen und respektieren; für verschiedene Lebensformen aufgeschlossen sein; die Kulturellen und religiösen Verschiedenheiten von Menschen wahrnehmen, anerkennen und achten.
Kommunikation: Sprache, Schriftkultur und Medien
Sprache ist eines der wichtigsten Ausdrucksmittel und Werkzeug, um Denken zu strukturieren. Die Kinder lernen Sprache nicht um ihrer selbst willen: „Die Sprache ist das Medium für seine Ziele, nicht das Ziel selbst.“ [3] Sprachbeherrschung gilt als Schlüsselkompetenz für Lernfähigkeit. Die weitere Erkenntnisse der Kinder, dass das gesprochene Sprache lässt sich über Zeichen abbilden und damit an andere vermitteln. Die Entdeckung und Beherrschung von Zeichen, Buchstaben und Ziffern führt auf der Weg zu abstrahierendem Denken.
Genauso wie „Aufwachsen in einer Medien- und Informationsgesellschaft heißt unter anderem, Bilder und Texte, gesprochene und geschriebene Sprache in hoher Dichte, schneller Abfolge und variierenden Erscheinungsformen zu erleben. Es heißt auch, frühzeitig von Mehrsprachigkeit umgeben zu sein.“ [4] Medien bereiten Vergnügen, bieten Spannung, Entspannung, Zeitvertreib allein sowie auch in der Gemeinschaft. Sie bieten Kindern die Möglichkeit, eigene Erfahrungen, Phantasien, Ängste und Wünsche in Bezug zu setzen. Dies trägt zur Identitätsbildung des Kindes bei.
Ziele: Ein Bild von sich selbst entwickeln, wissen „wer ich bin“ und sich darstellen können; eigene Bedürfnisse, Interessen und Gefühle verbal ausdrücken und sich mit anderen verständigen zu können; Lust auf Sprache und sprechen zu bekommen und auf eigenen sprachlichen Fähigkeiten zutrauen; die Sprachverständnis und Wortschatz erweitern; Wertschätzung und Neugier für andere Sprachen entwickeln; eigene Sprachproduktion zu erweitern, z.B. Ereignisse und vorgelesene nacherzählen können, eigene Geschichten ausdenken und erzählen, reimen, singen, Gedichte vortragen; Interesse an Bücher, am Lesen und Schreiben erfinden; mit Schreibutensilien und technischen Geräten sich vertraut machen; lernen und verstehen welche Informationsquellen gibt und wie könnte man diese Information zusammentragen z.B. Gespräche, Bücher und Hörbücher, Radio und Fernseher, Computer mit Internet, Fotoapparat und viel mehr.
Bildnerische Gestalten
Bildnerisches Gestalten beinhalten:
- Wahrnehmung
- Verarbeiten von Reizen
- Gefühl und Körperempfindung
Der Mensch strebt nach ganzheitlichem Lernen. Z.B. Körperkoordination macht Zeichenbewegungen möglich. Die Wahrnehmung verschiedener Reize ist Anlass für Handlungen, Gestaltungsprozesse mit Materialien werden mit Worten und Begriffen auch abstrakt fassbar. Die intensive Wahrnehmung ist eng mit dem Verstehen der Welt verbunden. Kinder suchen dazu eigene Wege und greifen zu unterschiedlichen Mitteln wie zeichnen, malen, collagieren, kneten, mit Ton, Lehm, Sand, Wasser, Papier oder Draht experimentieren. Der Umgang mit verschiedenen Materialien ermöglicht intensive Auseinandersetzung mit der Umwelt und ist somit eine Form des Denkens mit den Mitteln und Möglichkeiten der sinnlichen Erfahrung. In bildnerischen Gestaltung entwickeln Kinder ihre Visionen, kognitives Denken, Realitätsbearbeitung und Phantasie.
Die folgenden Haltungen der PädagogInnen sind dabei sehr wichtig:
- korrigieren die Kinder Zeichnungen nicht nach Erwachsenen Maßstäben
- jedes Kind soll in seiner Entwicklungsstufe ernst genommen und für weiteren Entwicklung begeistert werden
- die Zeichnungen von Kindern tragen in sich mehr Inhalt, als wir Erwachsenen annehmen und verstehen können
„Erobern Sie die Welt mit Ihrem Kind zusammen. Es muss nicht immer das Jetzt verbrauchen, weil es für nachher lernt. Die Kinder haben ein Recht auf ihr augenblickliches Glück und auf ihr Dasein.“ [5]
Ziele: Farben und ihre Nuancen, Formen, verschiedene Materialien und ihre Beschaffenheit (dünn, dick, hart, weich) lernen; sich vertraut mit verschiedenen Techniken zur Gestaltung machen, z.B. malen, zeichnen, collagieren, formen, kneten, filzen; Erfahrung im Umgang mit Werkzeug und Malutensilien sammeln, z.B. unterschiedliche Pinsel (breit, schmal, flach, rund), Farbpaletten, Bunt-, Filz- und Wachsmalstifte, Kreide, Schere, Kneifzange, Säge, Hammer, und viel mehr; Unterschiede erfahren zwischen weich – hart, rauh – kuschelig, fest – locker, dickflüssig – dünnflüssig, fest – locker, biegsam – starr und viel mehr; sich die eigenen Empfindungen gegenüber Natur und Kultur bewusst werden; Werke anderer Menschen kennen lernen und wertschätzen; Ökologisches Grundwissen erlangen z.B. welche Materialien sind gefährlich; Sicherheitsmaßnahmen kennen lernen; die natürliche Umwelt als reiches Feld von Entdeckungen erleben, Phantasie entwickeln und durch Kunst ausdrücken können.
Musik
Musik ist für viele Kinder sowie auch Erwachsene eine Quelle für reiche Empfindungen und für großen Genuss. Jedes Kind reagiert sofort auf Musiktöne. Musik spricht gleichermaßen Denken, Gefühle und Handeln an. Im Alltag hat Musik einen hohen Stellenwert. Es besteht ein enger Zusammenhang von Musik und Bewegung, Koordination, Tanz und sozialer Aktivität. Musikalisches Empfinden gehört zu den Grundkompetenzen des Menschen. Die Besonderheit der Musik ist ihr emotionaler Gehalt – Leben erleben und zugleich entfliehen! Der Rhythmus, als elementarer Bestandteil musikalischer Sprache, hat einen hohen Stellenwert, denn der Mensch handelt rhythmisch – Atmung, Spannung, Entspannung, sogar Tag und Nacht und Jahreszeiten.
„Jeder Mensch wird mit der Erfahrung von Rhythmus geboren, dem Herzschlag der Mutter, und mit einem Musikinstrument, der Stimme.“ [6]
Ziele: Kenntnisse über die die eigene Stimme, über Beriefe: Laut, Leise, Schnell, Langsam, hoch, Tief sammeln; Kenntnisse über verschiedene Musikinstrumente und Klangkörper bekommen; Töne produzieren und singen sowie Töne, Rhythmen und Takten beim Musizieren halten können; die eigene Gefühle mittels Musik, Tanz oder Song ausdrücken können; sich bewusst werden, dass es unterschiedliche musikalische Kulturen gibt; Lärm- und Stille- Empfindungen bewusst erleben; Musik und Tanz als Mittel der Kommunikation erkennen; Lieder aus eigene Kultur
Mathematische Grunderfahrungen
Ihren Ausgangspunkt nimmt mathematisch naturwissenschaftliche Kompetenz in der Neugier der Kinder, die gegenständliche Welt zu verstehen. Das Ergründen von mathematischen Größen und naturwissenschaftlichen zusammenhängen ist ein Prozess aktiver eigener Sinnkonstruktion. Überall trifft das Kind auf Zahlen, Mengen und naturwissenschaftlichen Phänomene, die es interessieren. Deshalb Kinder bei Experimenten unterstützen, die Neugier auslösen, naturwissenschaftliche Zusammenhänge ergründen.
Der Bildungsbereich der mathematischen Grunderfahrungen umfasst insbesondere folgende Erfahrungsbereiche:
- Erfahrung im Umgang mit Gegenständen und Dingen des täglichen Lebens und deren Merkmalen – wie Form, Größe und Gewicht, die ein Kind begreifen und klassifizieren kann
- Erfahrungen mit Zahlen – das Kind erwirbt Zielvorstellungen
- Erfahrung im Messen und Vergleichen – bezogen auf Länge, Breite, Höhe, Gewicht, Entfernung, räumliche und Zeitliche Verständnis sowie Umgang mit Mengen
- Geometrische Erfahrungen – unterscheiden können: Kreis - Kugel, Dreieck – Kegel - Pyramide, Rechteck – Quader und Zylinder, Quadrat – Würfel
Ziele: grundlegende Eigenschaften des Zahlen- und Messsystems kennen; Begreife von Ordnungssystemen wie Zeiten, Zahlen, Reinfolgen zur Orientierung im Alltagsleben verwenden; Erscheinungen differenziert wahrnehmen: was ist gleich, was ist mehr oder weniger, was ist größer oder kleiner, was ist länger oder kürzer, was ist schwerer oder leichter; Lust am Forschen, Experimentieren und Herausfinden bekommen; Mengenvergleich anwenden; Grundverständnis geometrischer Formen; sein Alter und Anzahl von Körperteilen kennen; mathematische Vorstellungen zum Strukturieren sozialer Situationen nutzen z.B. Teilen, Abwechseln; Grundverständnis für Ordnungsstrukturen in der Zeit entwickeln z.B. vorher – nachher, gestern – heute – morgen, Jahr - Monate – Woche – Tage – Stunde;
Naturwissenschaftliche und technische Grunderfahrungen
Kindliches Experimentierverhalten: Kinder fragen unentwegt, sie wollen sich mit ihrer Umwelt und deren Erscheinungen auseinandersetzen. Ihre Neugierde und Wissbegierde ist in dieser Altersstufe fast grenzenlos. Täglich entdecken Kinder Neues, das zum Ausprobieren und Erforschen anregt. Die Kinder stellen uns Fragen über Zusammenhänge, Wirkungsbereiche und sichtbare Veränderungen in ihrem Erfahrungskreis. Diese Wissbegierde wird nicht selten dadurch gehemmt, dass die Erwachsenen scheinbare Selbstverständlichkeiten in der Natur nicht altersgemäß verständlich machen können.
Mit all Sinnen erschließt sich das Kind die Natur und es baut darauf erste naturwissenschaftliche Erfahrungen und weiterführenden Fragestellungen auf. Sie sehen, hören, fühlen, tasten und explorieren ihre Umgebung. Dieser Prozess wird durch die Umwelt des Kindes ausgelöst und in Gang gehalten.
Kinder bringen eigene Erfahrungen mit ein und verarbeiten dadurch den Lerninhalt: Durch Fragen, Vergleichen, Assoziieren entwickeln sie ihre eigenen Ideen und Anschauungen, schmieden Pläne und erstellen eigene Zusammenhänge und Hypothesen.
Kinder schaffen ihr eigenes Produkt und erleben sich als Schöpfer: Sie gestalten ihre Spiele nach eigenen Ideen und Erfahrungen, sie entwickeln ihre Ideen weiter und erfinden Neues. Sie produzieren eigene Werke und übertragen ihre Erfahrungen auf neue Situationen und Materialien.
Kinder brauchen für die Auseinandersetzung mit der Technik, Naturwissenschaft und Mathematik die Begleitung und Unterstützung von uns Erwachsenen:
- um Wissen über die materielle Welt zu gewinnen,
- um Eigenschaften der Gegenstände und ihre grundlegenden Gesetze kennen zu lernen und
- um grundlegende Prinzipien, auf denen Wissenschaft beruht, zu erproben und zu verstehen.
Ziele: die Kinder sollen lernen die Fragen stellen und versuchen eigene Antworten finden; Interesse und Ausdauer und Freude zu bekommen in der Natur zu sein und Natur „Hautnah“ zu erleben mit all ihrer Besonderheiten z.B. Sonne, Regen, Regenbogen, Wind, Schnee, Hagel, Nebel und Blätterfall, Donner und Blitz und noch viel mehr; einfache Ursache- und Wirkungszusammenhänge herstellen, Erfahrungen und Vorstellungen ordnen, systematisieren und Beziehungen zwischen Dingen und Erscheinungen herstellen; Fertigkeiten entwickeln im Umgang mit Dingen, Tieren und Pflanzen, selbständige Bedingung technischer Geräte wie CD-Recorder, Telefon, einfache Computerprogramme, Fotoapparat usw.
[1] Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport in: Das Berliner Bildungsprogramm, S. 8
[2] Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport in: Das Berliner Bildungsprogramm, S. 45
[3] Wieczerowski in: Jampert, Karin: Schlüsselsituation Sprache, Opladen 2002
[4] Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport in: Das Berliner Bildungsprogramm, S. 61
[5] Seitz, Rudolf: „Die Bildersprache der Kinder“, in Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport in: Das Berliner Bildungsprogramm, S. 72
[6] Gerdner, Howard: „Kreative Intelligenz“, München 2002, in Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport in: Das Berliner Bildungsprogramm, S. 81